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FACTS April 03, 2003

Ruag unter Druck

Von Leo Ferraro und Mario Poletti

Im Irak werfen immer mehr F/A-18 der neusten Bauart Bomben ab. Fuer diese Typen Super Hornet E und F liefert die Schweizer Ruag Praezisionsteile.

San Diego, 3. Maerz 2003: Der Flugzeugtraeger USS "Nimitz" verlaesst seinen Stuetzpunkt mit Ziel Persischer Golf. Mit an Bord: 24 brandneue F/A-18 des Typs E und F, fuer welche die Ruag-Tochter Derendinger AG Praezisionsteile liefert. 12 dieser Super Hornets sind schon seit Monaten im suedlichen Irak im Einsatz, stationiert auf dem Flugzeugtraeger "Abraham Lincoln" (FACTS 13/2003). Insgesamt werfen damit 36 dieser Jets im Irak Bomben ab. Nach eigenen Angaben ist die Derendinger AG seit 2001 der einzige Lieferant fuer eine Praezisionskomponente aus Titan zur Aufhaengung des Hoehenleitwerks. Pierre Derendinger sagte gegenueber FACTS (13/2003), er koenne nicht ausschliessen, dass schon in diesen 36 Jets ein Derendinger-Teil eingebaut oder als Ersatzstueck vorgesehen sei. Rund 100 Exemplare dieser Komponente hat die Firma bereits in die USA geliefert.

Die Tochterfirma des bundeseigenen Konzerns Ruag lieferte auch einen Tag nach Kriegsausbruch die F/A-18-Teile in die USA. "Derendinger hat am Ausfuhrtag eine Erklaerung geliefert, dass die Teile fruehestens in einem Jahr zum Einsatz kommen", sagt Othmar Wyss, der beim Staatssekretariat fuer Wirtschaft Seco fuer die Kontrolle der Waffenexporte zustaendig ist. Diese Bescheinigung hat sich die Firma Derendinger gleich selber ausgestellt. Der Bundesrat hat in seinem Beschluss am Tag des Kriegsausbruchs allerdings auch nicht mehr verlangt. Der Antragsteller - also die Ruag - muesse bescheinigen, "dass das zu exportierende Material nicht fuer die laufenden militaerischen Operationen eingesetzt wird".

Othmar Wyss sagt, dass er die Ruag trotzdem aufgefordert habe, zusaetzlich eine Bestaetigung des F/A-18-Herstellers Boeing einzuholen: "Es waere wuenschenswert, aber es ist nicht eine Bedingung fuer den Kriegsmaterial -Export." Ruag-Sprecher Bruno Frangi will dazu keine Stellung nehmen.

Boeing reagierte nicht auf eine schriftliche Anfrage von FACTS. Der Konzern hat andere Probleme, als Journalistenfragen aus der Schweiz zu beantworten. Die Amerikaner wollen ihre Streitkraft im Krieg gegen den Irak verdoppeln. Eilig werden die modernsten Waffensysteme in die Schlacht geworfen.

Bundespraesident Pascal Couchepin wehrte sich gegen einen generellen Stopp der Ruestungsmaterial-Lieferungen in die Krieg fuehrenden Laender Grossbritannien und USA. Und Volkswirtschaftsminister Joseph Deiss doppelte nach: "Die bundesraetliche Handhabung der Waffenausfuhr stimmt mit dem Neutralitaetsrecht ueberein." Die fuer die USA bestimmten F/A-18-Teile wuerden nicht im Krieg verwendet. Bis heute sind 36 der F/A-18 E und F in der Golfregion. Doch mindestens weitere 64 Stueck der gleichen Typen sind bereits an die Navy ausgeliefert.

Der Hersteller Boeing hat der Truppe im Juni 2002 die hundertste F/A-18 E und F uebergeben. Die Einsatzfaehigkeit dieser Jets war gemaess dem unabhaengigen Ruestungskontrollverein Globalsecurity aber erst ab 2004 vorgesehen. Bis dahin waeren noch verschiedene Tests und Sicherheits-Inspektionen vorgesehen gewesen. Doch im Kampf gegen Saddam draengt die Zeit, die grosse Wuestenhitze laesst nicht mehr lange auf sich warten.

Selbst aus dem Pentagon regt sich nun Widerstand. Das Fachmagazin "Aviation Week & Space Technology" zitiert den zustaendigen Offizier fuer Materialtests, Thomas P. Cristie: "Ich mache mir Sorgen ueber den offensichtlichen Trend der Navy, immer mehr Waffensysteme in den Kampf zu schicken, die nicht ausreichend getestet wurden oder nicht akzeptable Resultate liefern."

Die F/A-18 Super Hornets der Typen E und F auf den Flugzeugtraegern "Lincoln" und "Nimitz" sind mit Luft-Luft-Lenkwaffen der Typs Sidewinder ausgeruestet. Die Ruag stellt sich auf einer Kunden-CD als "Unterhaltspartner der US Air Force" fuer das Sidewinder-Waffensystem AIM 9 P 4 und 5 vor. Ein weiterer Konflikt mit dem Kriegsmaterial-Gesetz? Die Ruag gibt sich zugeknoepft. Wann und ob die Ruag dieses Waffensystem wieder in die USA exportiert hat, will Konzernsprecher Frangi nicht sagen. Auch verweigert er die Auskunft, ob ein entsprechendes Kriegsmaterial-Exportgesuch beim Staatssekretariat fuer Wirtschaft deponiert wurde.

Gegenueber Presseagenturen sagte Frangi, bei einem vollstaendigen Verbot von Kriegsmaterial-Exporten muesste ein weiterer Arbeitsplatzabbau oder Kurzarbeit erwogen werden. Zurzeit beschaeftigt der Ruestungskonzern Ruag 5800 Mitarbeitende, davon rund 4200 in der Schweiz. Die Ruag hatte am vergangenen 5. Maerz einen Abbau von bis zu 300 Stellen angekuendigt, weil die Auftraege der Schweizer Armee ruecklaeufig sind.

In der Schweiz haben militante Kriegsgegner die Ruag ins Visier genommen. Ein anonymes "Komitee 1. April" bekannte sich zu einem Brandanschlag auf den Ruag -Hauptsitz in Bern, bei dem ein Sachschaden von rund 200 000 Franken entstand. Der Ruestungskonzern hat inzwischen besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen, um weitere Anschlaege zu verhindern.

Made in Switzerland Stabilisator-Traeger aus Titan fuer die F/A-18 E und F der Ruag-Tochter Derendinger AG.

Verstaerkung Eine doppelsitzige F/A-18 F, der allerneuste Typ, landet auf dem Flugzeugtraeger USS "Nimitz" in der Golfregion.


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